Die Feuerkugel vom 15. Juli 2023 – von jenseits des Pluto!
Am Samstag , den 15. Juli 2023 um 23:51 beobachteten hunderte österr. Sternfreunde eine sehr helle Feuerkugel im Südosten, die etwa 25-30° hoch Richtung Süden flog und -10 mag hell war. Acht Meteormeldungen trafen bei
"Helle Feuerkugel vom Sa 15.7.23 um 23:51 – Stück eines Kometen?"
Gesteinsbrocken knapp 1kg, sehr rasch (~70 km/s), was auf eine langgestreckte Kometenbahn hindeutet. Die 30–35° lange Leuchtspur begann extrem hoch (>130 km) über Westungarn und Slowenien ... Unsere automatische Meteorkamera bei Martinsberg hat die Feuerkugel erfasst, ebenso weitere Stationen in Tschechien. Die visuellen Meldungen (bes. genau von Lunz, Martinsberg und Grieskirchen) ergaben im Durchschnitt:
Helligkeit -7 bis -10 mag, Farbe hellblau bis grün, 1 starker Helligkeitsausbruch, Dauer 1,9 ±0,4 sec, Nachleuchten fast 1 Minute. Flugbahn zwischen 110°/30° bis 170°/25° (Adler/Steinbock bis Schütze). [Unten ein] ]Foto von R.Reisenhofer (Lunz), weitere Links (blaue Leuchtspur aus der Steiermark und Sternwarte Gahberg mit Rauchspur).
Nachtrag 22. und 27.7. von G.Gerstbach:
Am 22.7. gab es auf dem IMO-Feuerkugelnetz bereits 40 Meldungen von Sternfreunden, davon 26 aus Österreich. Zu dieser erstaunlich großen Zahl dürfte mein Extra-Newsletter vom 16.7. beigetragen haben. Die Auswertung der 40 Meldungen ergab den Endpunkt der Meteorspur bei Maribor (SLO), der Beginn knapp nördlich des Plattensees. Die Fotos von 15 Meteorkameras – darunter auch unsere im Waldviertel – gaben denselben Endpunkt, ihr Anfang liegt aber 40 km weiter südlich. Dass der Anfangspunkt visuell ungenauer erfasst wird, ist normal und liegt am Überraschungseffekt des Meteors.
Bei genauerer Analyse, insbesondere der 4 nahen Beobachter aus der Südsteiermark, aus Ungarn und Slowenien endete die Meteorspur etwas südlich des Plattensees. Aus der 130 km langen Leuchtspur und einer gemittelten Dauer von 1,9 Sekunden folgt eine Geschwindigkeit von knapp 70 km/s, also ein Körper aus dem äußeren Planetensystem. Eine vorläufige Auswertung im französ.-ital. Fripon-Netz ergibt eine bis weit über den Neptun reichende Kometenbahn mit etwa 150° Neigung gegen die Ekliptik. Wir warten gespannt auf die genauere Auswertung von Dr. Pavel Spurny (Ondrejov, CZ), der auch unsere Meteorstation Martinsberg betreut. Einen anfangs vermuteten Meteoritenfall südlich des Burgenlands konnte er ausschließen, weil der Brocken (ca. 0,5 kg) wegen seiner hohen Geschwindigkeit schon in etwa 80 km Höhe verglühte.
Falls es einen Zusammenhang mit bekannten Meteorströmen gibt, kommen nur die Pegasiden (4.-15.Juli) in Betracht. Die Capricorniden sind mit 26 km/s viel zu langsam, ebenso die Juli-Aquariden (41 km/s). Die Pegasiden haben hingegen als Ursprung einen Kometen, der eine ähnliche Bahn wie C1979/Y1 mit einem Aphel weit jenseits des Pluto besitzt.
Die vielen österreichischen Sternfreunde, die diesen lauen Sommerabend genossen haben, konnten also eine sehr seltene Feuerkugel aus dem Rand des Sonnensystems beobachten!
Etwas besonderes: der 8. "Austro-Meteorit!"
Meteorit vom 19.11.2020 bei Kindberg gefunden – erstmals in Österreich seit 44 Jahren!
Am 19. November 2020 um 04:46 konnten einige Meteorstationen (unsere in Martinsberg steckte leider im Nebel 😟) – eine extrem helle Feuerkugel aufzeichnen, die von Tschechien kommend bis über Mariazell flog. Am Ende ihrer 300 km bzw. 24 Sekunden (!) langen Leuchtbahn zerplatzte sie 20 km über Kindberg in mehrere Trümmer. Trotz der frühen Morgenstunde haben Hunderte von Menschen in Böhmen und Österreich sowie in Süddeutschland und Italien das grellweiße Spektakel beobachtet, und im Dezember-Newsletter zeigte ich die mögliche Spur eventueller Meteoritenfälle. Pavel Spurny, der wissenschaftliche Leiter unserer Waldviertler Station konnte berechnen, dass der Gesteinskörper anfangs etwa 270 kg wog und einige Kilogramm in der Nähe von Kindberg "gelandet" sein müssten.
Österreichs Meteorkamera-Station im Waldviertel
Zum Projekt des Österreichischen Astronomischen Vereins und der zugehörigen landesweiten Spendenaktion zum Astronomiejahr 2009
Von Prof. Hermann Mucke, Astronomisches Büro, Wien
(aus dem Sternenboten Heft 9/2008, leicht gekürzt)
Als unser Astronomisches Büro 1907 von Univ.-Prof. Oswald Thomas in Kronstadt (Brasov, heute Rumänien) als Sammelstelle für Meteormeldungen gegründet wurde, war die Meteorwissenschaft auf freisichtige Beobachtungen angewiesen. Verständnis und Verlässlichkeit möglichst vieler Beobachter war entscheidend. Dazu mußte Thomas ein ausreichendes Wissen in der Bevölkerung aufbauen - woraus unsere Gesellschaft 1924 entstand. Mühevoll wurden Beobachtungen von Feuerkugeln und Meteorströmen gesammelt und mittels Handrechnung ausgewertet. Jetzt wollen wir das ändern - und können es auch! Zuvor jedoch aber noch ein kurzer Rückblick.
Weiterlesen: Österreichs Meteorkamera-Station im Waldviertel
Blitzer-Meteore
Ein Bericht von Wolfgang Schröter (Nov. 2021)
Unser Mitglied Wolfgang Schröter ist einer der erfahrensten Meteorbeobachter des ÖAV. Seit vielen Jahren dokumentiert er seine Beobachtungen sorgfältig und prägte für nur sehr kurz aufleuchtende Meteore den Begriff "Blitzer".
Das sind mit hoher Wahrscheinlichkeit helle Meteore, deren Flugbahn genau zum Beobachter weist. Dadurch haben sie (fast) keine seitliche Bewegung und blitzen sehr plötzlich auf, um nach wenigen Zehntelsekunden ebenso plötzlich zu erlöschen. Dem visuellen Eindruck nach ähnelt die Erscheinung einem in großer Entfernung ausgelösten fotografischen Blitz.
Meteorastronomie im Österr. Astroverein
Inhalt:
- Meteorfragebogen
- Perseiden-Nächte (alljährlich)
- Vollautomatische Meteorkamera in Martinsberg
- Der 8. "Austro-Meteorit"
- Die Feuerkugel vom 15. Juli 2023
- Österreichs Meteorstation im Waldviertel
- Blitzer – eine seltsame Art von Meteoren