Aus der Geschichte des Sterngartens

Die Idee, am Wiener Stadtrand eine himmelskundliche Gartenanlage zu errichten, stammt aus dem himmelskundlichen Nachlaß des Wiener Astronomen Univ.-Prof.Dr.Oswald Thomas (1882-1963). Er war mein Lehrer in der himmelskundlichen Didaktik und einer meiner Vorgänger als Leiter der Urania Sternwarte sowie des Planetariums in Wien.

Seit 1907 besaß und betrieb er das Astronomische Büro als internationale, bildnerische und wissenschaftliche Einrichtung, das ich 1963 übernahm und weiterführe. Seine Sterngarten-Pläne wurden überarbeitet und dem auf dem Georgenberg neben der Wotruba-Kirche gefundenen Ort angepaßt, der dafür dank vielseitiger behördlicher Hilfe nutzbar ist und in einem Schutzgebiet langfristig gute Sichtverhältnisse gewährt. Auch der Österreichische Astronomische Verein wurde von ihm 1924 gegründet. In Würdigung seiner himmelskundlichen und bildnerischen Verdienste benannte die Stadt Wien den Platz vor dem Planetarium nach ihm.

Wiedererleben des wohl schönsten Teils der Natur

In der Öffentlichkeit ist die "Obere Hälfte" unserer Umwelt kaum mehr Bestandteil einer aus eigenem Erleben stammenden Vorstellung. Besonders für Menschen in einer großen Stadt ist auch hier ein starker Naturverlust eingetreten. Deshalb wurde das "Freiluftplanetarium" unter folgenden Gesichtspunkten errichtet:

  • Himmelskundliche Tatsachen und Vorgänge, besonders jene, die mit freiem Auge jedermann sehen und verfolgen kann, werden einer breiten Öffentlichkeit freizügig zugänglich.
  • Jedermann kann dort privat und unentgeltlich jederzeit Himmelsbeobachtungen machen und so Schlechtwetter umgehen. Für Gruppen ist jedoch das Einverständnis mit dem Astronomischen Büro unbedingt erforderlich.
  • Anleitungen und Angaben, die zu dortigen Himmelsbeobachtungen vielleicht erwünscht und nötig sind, bietet ein Begleitband, der auch als Unterlage für die Sonderabende im Österreichischen Alpenverein und für Lehrer gedacht ist, die wir für eventuellen Freiluftunterricht beraten wollen.
  • Himmelskundliche Veranstaltungen informieren zusätzlich.

Meines Wissens gibt es eine solche Einrichtung noch in keiner anderen Stadt.

Kurze Beschreibung des Freiluftplanetariums

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  • Sitzstufenpyramide mit 200 Plätzen, Plattform 7x7m mit Scheibe, über der mittig in 1,5m Aughöhe die "Himmelsmitte" (16°15´13,0"E, 48°08´49,7"N, 331 m über Adria) liegt und die Horizontbrüstung ringsum gleichhoch verläuft. An ihr können Himmelsrichtungen (Azimute) ausgewiesen werden. Auf die Plattform führen Stufen und die Behindertenrampe.
  • Südpfeiler von 16,0m Höhe mit Sonnenstandsmarken für die Beginne der Jahreszeiten und Nordpfeiler von 16,4m Höhe, mit Pol- bzw. Schattenscheibe; beide zeigen die Mittagslinie an und besitzen Zehngrad-Teilungen für Höhe.
  • Sonnensäulen, welche die Auf- und Untergangsstellen der Sonne zur Sommerwende, zu den Tagundnachtgleichen und zur Winterwende bezeichnen. Die Oberkanten ihrer Querarme liegen im Horizont; bei richtiger Aughöhe fluchten sie mit der Horizontbrüstung. Die Kerben zeigen die Versetzung durch die Strahlenbrechung an und die Säulenköpfe liegen in 6° Höhe; so tief steht die Sonne unter dem Horizont, wenn die bürgerliche Dämmerung abends endet und morgens beginnt. Doppelt bzw. dreimal so tief steht sie bei Ende und Anfang der nautischen bzw. astronomischen Dämmerung.
  • Analemma mit Datums- und Zehngrad-Teilung, auf welcher die helle Schattenmitte der Scheibe am Nordpfeiler mittags Uhrzeit, Datum und gleichzeitig den ekliptikalen Ort angibt, den die Sonne dann jeweils in Widerspiegelung des Erdumlaufs im Tierkreis nach Grad und Zeichen erreicht hat. Der Frühlings- und Sommerteil der Teilung liegt waagrecht auf dem Nordweg. Ab dem Knick bei der Frühlings- und Herbsttagundnachtgleiche steigt der Herbst- und Winterteil am Schrägmast empor.
  • Sonnenuhr: Der Schatten des Schrägmastes zeigt auf einer Stundenteilung am Nordweg wahre Ortssonnenzeit an.
  • Uhrzeit-Tabelle am Sockel des Nordpfeilers in Mitteleuropäischer Zeit MEZ. Sie gibt von 4 zu 4 Tagen für das ganze Jahr die Minute des Zeitsignals an, das die helle Schattenmitte der Scheibe am Nordpfeiler gibt, wenn sie die Schiene des Analemmas kreuzt. Dort werden auch gewissermaßen die "Betriebszeiten" des Freiluftplanetariums geboten, und zwar durch viertägliche Angabe von Ende bzw. Anfang der Nautischen Dämmerung (Anfang bzw. Ende fast dunkler Nacht) sowie Ende bzw. Anfang der bürgerlichen Dämmerung (Erscheinen der ersten bzw. Verschwinden der letzten Sterne).
  • Auf- und Untergangszeiten der Sonne: Sie liegen - auf 5 Minuten genau - 36 Minuten nach Anfang bzw. vor Ende der bürgerlichen Dämmerung und folgen leicht aus obiger Tabelle.
  • Schautafel unseres Planetensystems: Im Planetaren Maßstab 1 : 1 Milliarde (1 Million km = 1m) ist das Planetensystem auf dem aktuellen Wiener Stadtplan (Freytag&Berndt) in Vergleichen leicht merkbar auf der Westseite der Behindertenrampe gezeigt (Scheibe von Größe Wiens, Planeten Früchte ...).
  • Projektion unter freiem Himmel: Dias, Videos und Com-puterleistungen ergänzen vielseitig den wirklichen, aktuellen Himmelsanblick, besonders in Einzelheiten oder im Vergleich zu dem über anderen Orten und/oder zu anderen Zeiten, zeigen erd- oder sonnenzentrische Wandelgestirnbewegung in Zeitraffung, Daten, Animationen ... Die 2m2 große Projektionsfläche wird am Südmast windsicher angebracht und die Projektoren stehen in einem davor an der Horizontbrüstung anklemmbaren Pult, wodurch keine Abschattung durch Besucher eintritt. Den Strom liefert ein kaum hörbarer Generator in 25m Entfernung.
  • Lautsprecheranlage: Diese kann am Nordmast befestigt werden und wurde vor allem wegen der großen Besucherzahlen notwendig. "Planetariumsgerecht" können auch Musik und verschiedene Toneffekte geboten werden.
  • Himmelskarte: Sie kann aus Spender-Rollen beim Schaukasten neben dem Aufgang zur Wotrubakirche bzw. zum Freiluftplanetarium (Ecke Rysergasse/Georgsgasse) oder am Einfahrts-Schranken (oberes Ende der Anton Kriegergasse, Ecke Kalksburgerstraße), Wien 23, unentgeltlich entnommen werden und zeigt die aktuelle Himmelslandschaft.
  • Taschenlampe, eventuell Sitzkissen und gegebenenfalls Fernglas - letzteres für raschen freihändigen Durchblick zum Ausgleich möglicher Sicht- oder Sehschwächen, bitten wir mitzubringen. Kameras sind gestattet, Fernrohre dagegen nicht.
  • Himmelskundliche Veranstaltungen: Sie finden dort nur bei klarem oder gering bewölktem Himmel statt. Sonst laden wir mit Verwendung des Computerhimmels in die nahe Wotruba-Kirche ein. Bei Regen entfällt die Veranstaltung. (zum  aktuellen Veranstaltungsprogramm).
  • Programm-Auskunft: http://www.astronomisches-buero-wien.or.at oder Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein.; auch telephonisch (00431) 889 35 41 oder brieflich vom Astronomischen Büro, Hasenwartgasse 32, A-1230 Wien und im Sternenboten.

Bisherige Verwirklichung und Betrieb

Die Anlage wurde vom Österreichischen Astronomischen Verein errichtet. Die Mittel (~2 Mio ATS) stammten vom Verein selbst und besonders dankenswert vom Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten, vom Verein NÖ-Wien zur Schaffung gemeinsamer Erholungsräume und von Teilnehmern einer Spendenaktion der österreichischen Monatsschrift "Der Sternenbote". Sehr zu danken ist den Dienststellen des Bundes und der Stadt Wien (hier der Bezirksvorstehung und dem Magistratischen Bezirksamt des 23.Bezirks, der MA 19, Umweltschutz und der MA 49, Forstamt für Hinweispfeile, Rodungen und Begrünungen sowie der MA 33, Öffentliche Beleuchtung für Einrichtung einer Abschaltmöglichkeit der Anstrahlung der Wotruba-Kirche) Ganz besonders dankbar sind wir unserem Architekten Dipl.Ing. Wolfgang Holzhacker und allen beteiligten Firmen.

1997-2001 wurden der Mittelbau, die Sitzstufen-Pyramide, der Nord- und Südpfeiler sowie die Behindertenrampe aus besten Materialien errichtet; es folgten die sechs Sonnensäulen, das Knickanalemma mit der Sonnenuhr und den Teilungen für Datum und Sonnenort im Tierkreis sowie die Erläuterungstafeln. Schließlich wurden die nötig gewordenen elektroakustischen Einrichtungen und jene so wertvoll die Vorführungen ergänzenden Systeme für Computer- und Diaprojektion unter freiem Himmel vollendet.

2001 wurde ein Programm geboten, das zur Abschätzung der Möglichkeiten sowie der Entwicklung und Praxis der völlig neuartigen Arbeitsmethoden einmalig möglichst vielseitig war. Es umfaßte neben 12 abgehaltenen Sternabenden u.a. Großveranstaltungen wie "Stern der Weisen" am 7. und Mondfinsternis vom 9.Januar, einen "Sommersonnwendmittag" am 21.Juni und eine Morgenveranstaltung am 14.Juli um 4h mit erfreulich gutem Zuspruch. Am Ende wurden Spendenerlagscheine angeboten. Bei Bewölkung gewährte einige Male die Wotrubakirche in ihrem Kirchenraum dank entgegenkommendem Einverständnis Obdach. Eine entscheidende Rolle spielt freilich die Wetterlage. Einerseits mußte trotz weniger unentwegter Gäste die völlige Absage bei Regen beibehalten werden, andererseits kamen auch unerwartet klare Abende (siehe Heft 6/2001, p.120 für "Wieviele Sterne sehen wir noch?") vor. Überraschend war, daß bei guter Sicht sogar Kälte die Besucherzahl nicht senkte, wie der letzte Sternabend vom 8.Dezember bei -4°C zeigte.- Auch Sonderabende im Festsaal des ÖAV, Sektion Edelweiß in Wien 1, Walfischg.12, wurden erprobt. Themen waren "Leben im Weltall?" (Univ.Prof.Dr. Ronald Weinberger, Institut für Astrophysik, Universität Innsbruck), "Einfluß des Mondes auf Wald und Flur" (Oberförster Ing.Mag.Rainer Rubik, Forstamt Wien), "Als Himmelsbeobachter auf den Kanaren" (Hermann Koberger, Estacion Astonomica Vilaflor, Tenerife) und "Laser-Beobachtungen des Mondes" (Univ.-Prof. Dr.Viktor Abalakin, Seniordirektor der Zentralsternwarte Pulkovo, St.Petersburg). Das Programm für die erste Jahreshälfte 2002 ist in der Faltprospekt-Beilage des Vorheftes ersichtlich (zum aktuellen Veranstaltungsprogramm).

Himmelskunde im Freiluftplanetarium

Überraschend viel von den Tatsachen und Vorgängen im Weltall kann schon mit freiem Auge wahrgenommen und im Freiluftplanetarium anschaulich erläutert werden. Die Faszination des unmittelbaren Naturerlebnisses steht dabei im Vordergrund.

All das kennen natürlich die himmelskundlich Interessierten. Aber in der breiten Öffentlichkeit und sogar in gebildeten Kreisen besteht darüber weitgehend Unkenntnis. Daß dies oft selbst bedauert wird, zeigt sich besonders lebhaft dann, wenn etwa Urlauber begeistert vom großartigen Sternenhimmel erzählen, den sie sichtbegünstigt und aufnahmefähig in Feriensituation erlebt haben und mehr darüber wissen wollen. Oft begann durch solches Erleben ernstes Interesse oder auch eine himmelskundlichen Laufbahn.

Mit unseren Veranstaltungen im Freiluftplanetarium und mit den Sonderabenden im Österreichischen Alpenverein / Sekt. Edelweiß in Wien soll folgendes Grundwissen in der Öffentlichkeit nach und nach erzielt werden. Die für Kundige natürlich ganz "selbstverständlich" erscheinende Zusammenstellung mag das zeigen. Eine Dokumentation und Vorschläge zu eigenen Beobachtungen enthält der Begleitband zum Freiluftplanetarium.

Vielfalt freisichtiger Himmelsobjekte

Himmelslandschaft - Sternbilder

Seit dem Altertum werden die helleren Sterne zu Figuren zusammengefaßt - die Sternbilder. Sie bilden die "Himmelslandschaft". Wenn sie mnemotechnisch sorgfältig und nicht himmelsfremd gestaltet sind, kann sie sich jeder leicht merken. Unmittelbar, anschaulich und ohne jeden Zahlengebrauch können durch sie Veränderungen am Himmel festgestellt, der Lauf der Wandelgestirne verfolgt, wichtige Objekte gefunden und Örter am Himmel angegeben werden. Auch in der Sagenwelt spielen sie eine wichtige Rolle.

Wandelgestirne

Der Mond zeigt seine Raumbahn um die Erde. Aus seinem monatlich unter den Sternbildern vorrückenden Ort, den er bei gleichem Aussehen seiner sonnenerleuchteten Oberfläche - seiner gleichen Phase - einnimmt, wird deutlich, daß uns auch die Sonne wie ein Wandelgestirn erscheint: sie spiegelt den Erdumlauf wider.

Die fünf hellen Planeten Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn sind im Band der Tierkreissternbilder überzählige Lichtpunkte, so hell oder noch heller als die hellsten Sterne. Uranus und gelegentlich auch der Planetoid Vesta sind bei guter Sicht eben noch mit freiem Auge sichtbar, wenn man ihren Ort kennt.

Selten sind leider mit freiem Auge sichtbare Kometen, wölkchenartig und manchmal einen Schweif zeigend - hellere wie etwa Hyakutake 1996 oder Hale Bopp 1997. Ikeya-Zhang wird wohl im März 2002 freisichtig.

Im Zusammenstoß mit der Erde glühen kleinste Körper als huschende Sternschnuppen auf; größere, wenn auch immer noch sehr kleine, können als Feuerkugeln sekundenlang gleißend über den Himmel ziehen und die ganze Gegend in Blitzlicht hüllen, bevor sie, falls sie die Bremsung in der Lufthülle bis zum Stillstand überleben, als Meteorite zur Erde fallen und im Naturhistorischen Museum bewundert werden können. Außer solchen hellen Meteoren sind aber auch in gewissen Nächten auffallend viele schwache zu sehen, die aus einem Fluchtpunkt zu kommen scheinen: Kometenreste leuchten in einem Strom von Sternschnuppen auf, wenn sie die Erde beim Durchflug einer Kometenbahn auffängt..

Künstliche Erdmonde, besonders jene von der Größe einer Raumstation, tauchen als helle, wandernde Lichtpunkte in den wenigen Minuten ihres vorausberechneten Überfluges aus dem Erdschatten auf oder verschwinden in ihm.

Sterne

An hellen Sternen kann vereinzelt aus ihrem heutigen Ort im Sternbild im Vergleich mit ihrem aus alter Zeit überlieferten oder aus merklicher Veränderung ihrer Helligkeit mit freiem Auge gesehen werden, daß "Fixsterne" gar nicht so fix oder unveränderlich sind, wie ihr Name glauben macht. Auch große Unterschiede in der Natur der Sterne hinsichtlich ihrer Oberflächentemperatur (aus der Farbe) oder Leuchtkraft (aus der Helligkeit am Himmel bei bekannter Entfernung) sind freisichtig erkennbar, auch weite Doppelsterne. Veränderliche zeigen ihren Lichtwechsel, wie etwa im linken Auge des Gorgonenhauptes im Perseus, im Kepheus oder im Hals des Walfisches.

Dunkle und helle Materiewolken

Freisichtig auffallende Unterbrechungen im Band der Milchstraße und auch anderswo im Sternenbestand zeigen an, daß dort dunkle Materie den Sternenhintergrund verhüllt. Strahlt ein heißer Stern eine solche Wolke an, ist ein kleiner Teil von ihr als heller Nebelfleck zu sehen - wie mit freiem Auge unter dem Gürtel des Orion oder über dem Köcher des Schützen. In solchen Wolken entstehen auch heute noch Sterne ...

Sternhaufen

In den lockeren, "offenen" Sternhaufen sind die Mitgliedsterne im Regengestirn und Siebengestirn im Stier oder im Haar der Berenike freisichtig erkennbar, als diffuse Fleckchen zeigen sie sich in der Schwertfaust des Perseus, bei den Füßen der Zwillinge oder in der Krippe im Kopf des Krebses. Sehr viel mehr Sterne enthalten die dichten "kugelförmigen" Sternhaufen, wie einer als kleines Fleckchen im Herkules steht. Gleiches Alter und Entfernung der Sternhaufensterne sind wichtige Forschungshilfen ...

Milchstraße

Von jedem Ort auf der Erde ist dieses matte, unregelmäßige Band immer irgendwo am Nachthimmel sichtbar. Schon das kleinste Fernglas zeigt dort unzählige Sterne. Durch ihre Schmalheit gibt sich die Milchstraße räumlich als flaches Sternsystem dem freien Auge zu erkennen. Im Skorpion und Schützen ist die Milchstraße am breitesten; dorthin geht unser Blick zur aufgewölbten Mitte. Ihre ungleiche Helligkeit und auch die Teilung in zwei Arme bewirken Dunkelwolken. Die offenen Sternhaufen mit ihren jungen Sternen finden sich nahe der Ebene des Systems, wo sie entstanden sind; die kugelförmigen mit ihren alten Sternen umgeben dessen Mitte in allen Raumrichtungen.

Galaxien

Nur eine Galaxie ist von Österreich aus mit freiem Auge als kleines Fleckchen sichtbar, der Große Andromendanebel. Diese andere Milchstraße ist etwas größer als unsere und steht als fernstes freisichtiges Objekt nach neueren Messungen rund 2,5 Millionen Licht jahre tief im Raum - so weit reicht das freie Auge!

Einige freisichtige Himmelsvorgänge

Erddrehung

Wie allbekannt, zeigt sich in Widerspiegelung der Erddrehung die "tägliche Bewegung", aber Besonderheiten kennen oft nur die Kundigen. Wo sie am raschesten - schon in 10 Minuten mit freiem Auge merklich - oder nur waagrecht oder nur senkrecht verläuft oder daß sie sich dramatisch und bequem beim Untergang der Sonne zeigt, wenn ihre Scheibe bei uns schon in durchschnittlich 4 Minuten verschwindet. Oft unbekannt ist die phänomenologisch so hochwichtige Verlangsamung der Erddrehung über Jahrhunderte. Sehen wir ein Gestirn südlich des Himmelspols durch die Mittagslinie gehen, läßt sich mit Hilfe der Erddrehung und Erdschwerkraftsrichtung aus zugehöriger Uhrzeit und Höhenwinkel dessen Himmelsort absolut oder im Anschluß an ein Gestirn mit bekanntem Ort bestimmen.

Tageszeiten

Leiten wir die Uhrzeit aus dem Stand der Sonne ab, so sprechen wir von Sonnenzeit. Steht die Sonne in der Mittagslinie, ist es 12 Uhr wahre Sonnenzeit, die ein solcherart ausgerichtetes Zifferblatt einer Sonnenuhr anzeigt. Wegen der Schräge der Jahresbahn der Sonne im Tierkreis gegen die uhrzeitbestimmende Drehrichtung der Erde und der ungleichen Geschwindigkeit der Umlaufbewegung der Erde - gleiche Sonnenfortschritte entsprechen nicht gleichen Uhrzeitunterschieden - sind die wahren Sonnentage um bis zu 21 Sekunden kürzer und um bis zu 30 Sekunden länger als die diesbezüglich ausgeglichenen mittleren Sonnentage. Demzufolge besteht über das Jahr der Unterschied zwischen wahrer minus mittlerer Sonnenzeit, die Zeitgleichung.

Bestimmt nicht der Sonnen-, sondern der Sternenstand - genauer das durch Erdschwerkraft, Erddrehung und Erdumlauf bestimmte Himmelsgradnetz - die Uhrzeit, so sprechen wir von Sternzeit. Geht ein Stern südlich des Himmelspols durch die Mittagslinie, tut er das anderntags zur fast zur gleichen, ihm eigenen Sternzeit. Erst nach einigen Jahren ändert sich daran etwas für das freie Auge merklich. Das bewirkt die Präzession - vielen unbekannt!

Erdumlauf um die Sonne

Tag für Tag sehen wir den Sternbilderhimmel zur gleichen Uhrzeit ein klein wenig in Richtung der täglichen Bewegung vorgerückt - um knapp 4 Minuten. Nach einem Monat macht dies rund 2 Stunden aus und nach einem halben Jahr, wenn die Erde in ihrem Umlauf um die Sonne "gegenüber" steht, beträgt die Vorrückung schon 12 Stunden: wir blicken in den Gegenhimmel mit ganz anderen Sternbildern. Erst nach einem weiteren Halbjahr sind wir mit der Erde "zurück", und nach rund 365 Tagen des Jahres sehen wieder den Sternenhimmel, der sich währenddessen rund 366mal gedreht hat, etwa so wie vor einem Jahr.- Dieser eine Tag Vorrükkung macht die obigen knapp 4 Minuten pro Tag aus.

Wechsel der Jahreszeiten

Die Tageswege der Sterne sind von Tag zu Tag praktisch die gleichen, aber die der Sonne verändern sich über die Jahreszeiten sowohl ihrer Lage als ihrer Länge nach. Die Widerspiegelung der Erdumlaufbewegung läßt die Sonne im Tierkreis wandern, der die Ebene der Erdbahn anzeigt. Diese liegt schräg zur Drehrichtung der Erde und daher schwanken ihre Aufgangs- und Untergangsstellen sowie ihre Mittagshöhen jahreszeitlich mit all den Folgen für das tägliche Leben ...

Wandelgestirnbewegung und Sichtbarkeitsperioden

Täglich zieht der Mond um durchschnittlich 14°, eine Handspanne in Armweite, entgegen der täglichen Bewegung vor dem Sternenhintergrund weiter. Kurz vor Neumond ist er tief in der Morgendämmerung letztmals als feine Sichel sichtbar, mit dem "Altlicht" endet seine Sichtbarkeitsperiode. Sie beginnt kurz nach Neumond tief in der Abenddämmerung mit der zarten "Neulicht"-Sichel.

Auch die Planeten zeigen ihre Bewegung mit freiem Auge über längere Zeit in all ihren Besonderheiten, wie Recht- und Rücklauf sowie Stillständen. Ihre Beschränkung auf höchstens ±9° ekliptikale Breite zeigt, daß das Planetensystem eine flache Raumscheibe füllt. Merkur und Venus können ihre Sichtbarkeitsperiode tief in der Morgen- oder Abenddämmerung beginnen und enden. Die übrigen Planeten und auch nicht allnächtlich sichtbare Sterne beginnen sie tief in der Morgen- und beenden sie tief in der Abenddämmerung. Termine im Österreichischen Himmelskalender!

Begleitband zum Freiluftplanetarium

Ein ganz neuartiges und sehr wesentliches Merkmal unseres Freiluftplanetariums ist es ja, jederzeit und jedermann privat unentgeltlich Himmelsbeobachtungen ohne Gerät zu ermöglichen. Die Faszination echten Naturerlebens kann größeres Interesse wecken, dem wir auch entsprechen wollen. Diesen neuen und freizügigen Zugang zur Himmelskunde soll ein Begleitband unterstützen.

Dort wird zunächst auf die der Anlage zugrunde liegende Idee, ihre Geschichte und Entstehung eingegangen. Dann folgt die technische Erläuterung der einzelnen Teile und ihre himmelskundliche Bestimmung.

Was im Freiluftplanetarium Wien alles eindrucksvoll - unmittelbar mit freiem Auge ohne weitere Hilfsmittel als erforderlichenfalls eine Brille für die Ferne und zum Ausgleich für mögliche Sicht- oder Sehschwächen eventuell ein Fernglas - am Himmel erlebt werden kann, wird im Hauptteil beschrieben. Zunächst erleichtert ein kurzer "Steckbrief des Weltalls" das Verständnis der himmelskundlichen Tatsachen und Vorgänge, die in den folgenden Abschnitten vorgestellt werden. Dabei wird zu deren Beobachtung im Freiluftplanetarium mit allen nötigen Unterlagen und schließlich mit Beobachtungsvorschlägen angeregt.

Der Darstellungsrahmen ist durch die Reichweite des freien Auges und vorerst durch die vom Beobachtungsort am südwestlichen Stadtrand Wiens aus sichtbare Himmelswelt gegeben. Auch werden keine himmelskundlichen Vorkenntnisse, aber freilich Interesse am Kennenlernen der Natur in der oberen Hälfte unserer Umwelt vorausgesetzt. Darüber hinaus gehendem Interesse wird durch Hinweise auf weiterführende Literatur entsprochen, vielleicht u.a. am einfachsten und praktischesten durch ein vorzügliches und aktuelles astronomisches Lexikon.

Der Begleitband kommt auch dem Wunsch nach, zu unseren Veranstaltungen unter freiem Himmel oder unter Dach eine "Nachlese" zu bieten. Ein Schwerpunkt liegt auf der Himmelskunde des freien Auges, später erdweit und in voller Geschichtsmächtigkeit. Er ist zunächst bei den Sonderabenden am 23.März, 13.April, 11.Mai und 22.Juni 2002, jeweils Samstage um 19 Uhr im Österreichischen Alpenverein, Sektion Edelweiß, Wien 1, Walfischgasse 12, erhältlich (Euro 10.-). Siehe auch nächstes Heft und das aktuelle Veranstaltungsprogramm.


Nun kann nach der erfolgreichen Erprobung der himmelskundliche Bildungsbetrieb des Freiluftplanetariums genau geplant und schrittweise erweitert werden.-

Dieses neuartige Vorhaben kostete den Mitgliedern des Österreichischen Astronomischen Vereins nicht mehr als den schon bisher äusserst niedrigen Mitgliedsbeitrag von ATS 100.-, der nun, nach den starken und allseitigen Verteuerungen von aussen, nur Euro 9.- (im Jahr!) ausmacht. Das ist freilich nur möglich geworden, weil glücklich gefundene Sponsoren, Vorstand sowie Mitglieder, die es sich leisten konnten mehr zu zahlen, uns so geholfen haben. Ihnen gilt großer Dank im Sinn der Sache! Red.

 

Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung. Weitere Artikel auch auf der Website des Astronomischen Büros.

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