Größenvergleich Mond Perigäum - Apogäum, Titel

Diesen Herbst ist es wieder einmal so weit. Alle 14 Monate sprechen Medien von einem "Supervollmond", manche sogar mehrmals in einem Jahr, was die Sache noch lächerlicher macht. Was ist an diesem Begriff aus astronomischer Sicht dran? Nichts, wie wir hier zeigen.

Was passiert wirklich? Nun, es ist die - fast jährlich wiederkehrende - Koinzidenz zweier Ereignisse, nämlich des Vollmonds und der Erdnähe des Mondes. Wir erläutern hier, warum der Superlativ absolut nicht angebracht ist.

Ein paar Fakten zum Lauf des Mondes am Himmel

Der Mond wandert um die Erde. Er benötigt dafür eine gewisse Zeit, die wir den siderischen Umlauf nennen, rund 27,3 Tage. Nach einem siderischen Umlauf steht der Mond wieder an der gleichen Stelle des Sternenhimmels. Aber nicht in der gleichen Mondphase. (Übrigens benötigt der Mond die gleiche Zeit wie zur Umrundung der Erde für eine Umdrehung um die eigene Achse. Aus diesem Grund sehen wir vom Mond praktisch immer die gleiche Seite.)

Der Mond wird primär von der Sonne beleuchtet. Die wechselnden Stellungen von Sonne, Erde und Mond zu einander bewirken die Mondphasen. Vom Mond, dessen Form annähernd eine Kugel ist, wird von der Sonne stets die Hälfte beleuchtet. In welcher Phase wir den Mond sehen, hängt davon ab, wo am Himmel Sonne und Mond stehen.

Da nach einem siderischen Monat auch die Erde ein gutes Stück um die Sonne gewandert ist, stehen nach dieser Zeit Sonne, Erde und Mond nicht mehr in der gleichen Position zu einander, somit der Mond nicht mehr in der gleichen Phase. Die Mondphasen wiederholen sich in etwas längeren Abständen, die wir synodische Monate nennen, rund 29,5 Tage (unser Wort "Monat" leitet sich ja wirklich von "Mond" ab).

Nach einem synodischen Monat wiederholen sich die Mondphasen - natürlich an einer anderen Stelle des Himmels. Dass der Mond in der gleichen Phase von Monat zu Monat an einer anderen Stelle des Sternenhimmels steht, ist ein direkter Beweis dafür, dass die Erde die Sonne umkreist.

Mondentfernung und scheinbare Größe des Mondes

Der Mond ist im Schnitt 384.000 km von der Erde entfernt, doch das ist eben nur ein Mittelwert. Tatsächlich ist die Bahn des Mondes um die Erde eine Ellipse und die Mondentfernung von der Erde schwankt zwischen etwa 357.000 und 407.000 km.

Schematische Darstellung der Bahn des Mondes um die Erde
Schematische, nicht maßstäbliche Darstellung der Mondbahn mit erdnächstem und erdfernstem Punkt.

Dementsprechend erscheint der Mond am Himmel nicht immer gleich groß. Tatsächlich entspricht der Größenunterschied des Mondes in Erdnähe (Perigäum) zu jenem in Erdferne (Apogäum) in etwa dem einer 2-Euro-Münze zu einer 1-Euro-Münze.

Größenvergleich des Mondes in Erdnähe zu Erdferne
Vollmond in Erdnähe zu Vollmond in Erdferne

Nun steht der Mond in Erdnähe nicht immer an der gleichen Stelle des Himmels und nicht immer in der gleichen Phase.

Dass Vollmond und Erdnähe zusammenfallen, ist fast jedes Jahr einmal der Fall. Im Schnitt alle 13,6 Monate fallen Vollmond und Erdnähe zusammen, weil 15 anomalistische Monate (die Zeit von Erdnähe zu Erdnähe, ca. 413,3 Tage)  recht genau 14 synodische Monate (413,4 Tage) sind. Vollmond in Erdnähe ist also keine allzu seltene Sache.

Supervollmond oder Supermond

Supervollmond ist kein astronomischer Begriff. Er wurde 2011 von dem Astrologen Richard Nolle geprägt und kann als ein Produkt des Esoterik- und Medienzeitalters angesehen werden. Als Supervollmond wird ein Vollmond, der mehr oder weniger genau in Erdnähe stattfindet, bezeichnet (manche Quellen definieren einen Vollmond, der der Erde näher als 360.000 Kilometer steht, was sogar dreimal innerhalb eines Jahres stattfindet).

Doch dürfen wir auch wirklich einen "supergroßen" Mond erwarten? Nein, wie folgende Grafik verdeutlicht:

Scheinbarer Vollmonddurchmesser übers Jahr
Der scheinbare Durchmesser des Vollmonds über ein Jahr

Die Schwankung ist vorhanden, aber alles andere als auffällig. Betrachten wir sie genauer:

Schwankung des Vollmonddurchmessers über ein Jahr, genauer
Scheinbarer Vollmonddurchmesser innerhalb eines Jahres

Selbst wenn wir nur die Schwankung im Bereich von 29' bis 34' betrachten, stellen wir fest:

  • Der Unterschied im scheinbaren Durchmesser vom Minimum (Erdferne) bis Maximum (Erdnähe) beträgt nur ca. 14%; das ist das zuvor beschriebene Größenverhältnis einer 1€- zu einer 2€-Münze. Bezogen auf die Helligkeit des Mondes macht der Unterschied ca. 30% aus.

  • Der Unterschied zwischen einem Vollmond in Erdnähe und jenem im Monat davor oder danach macht im Regelfall weniger als ein Prozent aus (exakt nie mehr als 1,3%). Er ist also ohne Messung absolut nicht wahrnehmbar.

Es hat schon einen Grund, warum es den Begriff "Supervollmond" in der Astronomie nicht gibt. Von Superlativ kann nämlich keine Rede sein. Die folgende Tabelle zeigt den scheinbaren Durchmesser des Vollmondes bei Erdnähe sowie den Unterschied zum Monat davor und danach für die Jahre 2020 bis 2029:


Vollmond und Erdnähe 2020 bis 2029. Daten für den Erdmittelpunkt und ME(S)Z Wien. Kursiv: Scheinbarer
Monddurchmesser bei Vollmond in Bogenminuten bzw. Mondentfernung in Erdnähe in Kilometern.
Daten aus Full Moon Perigee (Super Moon) Table Courtesy of Fred Espenak, www.Astropixels.com.

Interessant ist der Unterschied im scheinbaren Monddurchmesser zum Vormonat (Δ-1M) und dem darauf folgenden Monat (Δ+1M); der Unterschied ist stets kleiner als 1,3% im scheinbaren Durchmesser, also mit freiem Auge absolut nicht wahrnehmbar. Hier wird mehr als deutlich, dass der Begriff "Supervollmond" in der Astronomie nichts verloren hat. Da ein "Supervollmond" alles andere als ein Superlativ ist, sind auch keine katastrophalen Auswirkungen auf die Erde zu befürchten.

Manche meinen, diesen Unterschied mit freiem Auge zu erkennen. Leicht ist es aber nicht, denn es mangelt an Bezugspunkten. Sie werden meinen, den Größenunterschied zwischen einem 1€- und 2€-Stück zu kennen; und sie wissen ja auch, dass letztere Münze größer ist.

Die Mondtäuschung und vermeintliche Supermond-Fotos

Viel auffälliger als der Größenunterschied des Mondes in Erdnähe und Erdferne ist die so genannte Mondtäuschung. Die Mondtäuschung ist eine optische Täuschung, durch die Mond und Sonne in Horizontnähe größer erscheinen als bei größerer Höhe am Firmament, obwohl es dafür keine physikalische oder astronomische Ursache gibt.

Mondaufgang über Seattle, NASA APOD 30. 1. 2002
Mondaufgang über Seattle © Shay Stevens (NASA APOD 30. Jänner 2002)

Eine gängige Erklärung für die Mondtäuschung ist, dass wir das Universum über uns abgeflacht wahrnehmen und horizontnahe Erscheinungen in größerer Entfernung wähnen als zenitnahe. Fotoserien wie jene von Shay Stevens widerlegen die Mondtäuschung. Siehe Wikipedia-Seite zur Mondtäuschung.

Wie kommen aber die Fotos vom riesengroß auf- oder untergehenden Mond zustande? Seriöse Fotografen nehmen das Motiv aus großer Entfernung mit einem starken Teleobjektiv auf. Der Vordergrund wird dadurch im Verhältnis zum Mond im Hintergrund sehr klein. Solche Aufnahmen erfordern genaue Berechnung und Vorbereitung!

Mondaufgang hinter dem Cerro Paranal © ESO
Mondaufgang hinter dem Cerro Paranal © ESO

Viele im Internet kursierende "Fotos" sind aber auch einfach, ahem, Fotomontagen, die nicht der Realität entsprechen (man könnte auch sagen, Fälschungen oder, modern, Deep Fakes).

Fazit: In der Astronomie sollten wir den Begriff "Supermond" einfach nicht verwenden.

 

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