Wenn die Natur im Herbst nasskalte Schleier vorzieht und der Nebel wieder zum Alltag gehört, dann ist die Zeit der Orioniden und Tauriden gekommen.

Zahlreiche Meteore dieser Ströme sind in den wenigen klaren Nächten, die uns dann beschieden sind, meist nicht zu erwarten. Allerdings haben beide in der jüngeren Vergangenheit ungewöhnliche Erscheinungen geliefert, und bei den Tauriden ist das möglicherweise auch heuer wieder der Fall.

Orioniden (ORI)
Die Bahn des Kometen 1P/Halley (er bewegt sich auf einem retrograden, 162° zur Erdbahn geneigten Orbit) bringt es mit sich, dass die Erde seinen Auflösungsprodukten zweimal pro Jahr begegnet. Die erste Annäherung findet beim absteigenden Knoten in einer Entfernung von etwa 0,065 AE statt. Der so entstehende Meteorstrom ist unter der Bezeichnung η-Aquariiden bekannt. Kaum ein halbes Jahr später kommt die Erde neuerlich den Meteoroiden nahe, diesmal beim aufsteigenden Knoten und in deutlich größerer Entfernung (0,15 AE). Demnach zeigen die Orioniden kein sehr ausgeprägtes Maximum, auch sind helle Meteore eher selten.
Das bedeutet allerdings nicht, dass die Orioniden keine Überraschungen bieten. Wie der Visual Meteor Data Base (VMDB) der International Meteor Organization (IMO) zu entnehmen ist, gleicht kein Aktivitätsprofil dem anderen. So lassen sich immer wieder Submaxima beobachten, deren Lage sich von Jahr zu Jahr verändert. Manchmal kann man sogar Tage vom Maximum entfernt in der Stärke vergleichbare Ausbrüche (wie z. B. 1993 und 1998) verfolgen. Eine mögliche Erklärung dafür mag sein, dass die Orioniden innerhalb des Hauptstroms zopfartig miteinander verbundene Filamente besitzen. Diese weisen naturgemäß höhere Teilchendichten und in der Regel größere Partikel auf.

In den Jahren 2006-2009 konnte schließlich jeweils über mehrere Tage hinweg eine bemerkenswerte Aktivität mit ZHRs von bis zu 80, verbunden mit z. T. sehr hellen Meteoren (bis zu -8mag), beobachtet werden. Dies wurde durch Ansammlungen von z. T. größeren Orioniden-Partikeln in einer 1:6-Resonanz mit Jupiter erklärt.
Der Radiant, der sich im nordöstlichen Orion, nahe der Grenze zu den Zwillingen, befindet, erreicht jeweils in der 2. Nachthälfte größere Höhen über dem Horizont. Auf Grund ihrer schnellen Erscheinung (Eintrittsgeschwindigkeit 66 km/s) sollte man darauf achten, die Orioniden nicht mit dem schwachen Strom der e-Geminiden (EGE; siehe Grafik unten) oder den gleichfalls sehr ähnlichen Apex-Meteoren zu verwechseln. Letztere strahlen von einem Bereich 90° westlich der Sonne und 15° beiderseits der Ekliptik aus. Was den Mond betrifft, so könnten die Bedingungen für die Orioniden heuer nicht besser sein: Neumond!

ε-Geminiden, Quelle: International Meteor Organization (IMO)

Aktivitätsperiode: 2. Oktober bis 7. November
Maximum: ~21. Oktober 2025
Populationsindex: 2,5
ZHR: 20 (gelegentlich höher)

 

Südliche / Nördliche Tauriden (STA / NTA)
Wenngleich die Südlichen und Nördlichen Tauriden mit einer ZHR von 7 bzw. 5 nicht zu den „großen“ Strömen zählen und nur flache Maxima um den 5. bzw. 12. November zeigen, verdienen sie diesmal Erwähnung, da für 2025 neuerlich ein „Tauriden-Schwarm“ vorhergesagt wird. Dies könnte, wie schon in den Jahren 2005, 2008, 2015 und 2022, zu einer Häufung an Feuerkugeln in der letzten Oktober- und der ersten November-Woche führen. Es lohnt sich also, zu dieser Zeit einen Blick auf den Himmel zu werfen, wenngleich der Vollmond am 5. November deren Beobachtung z. T. beeinträchtigen wird.

Während der langen Sichtbarkeit der beiden Teilströme wandern deren Radianten von den Fischen über Walfisch und Widder bis in den Stier und stehen vielerorts die ganze Nacht über dem Horizont. Auf Grund der großen, diffusen Ausstrahlungsgebiete erweist es sich jedoch als schwierig, die beiden Zweige visuell voneinander zu unterscheiden. Ihre relativ niedrige Eintrittsgeschwindigkeit (27 bzw. 29 km/s) in Kombination mit gelegentlich außerordentlicher Helligkeit machen sie auch für Fotografen interessant.

Südliche / Nördliche Tauriden, Quelle: International Meteor Organization (IMO)

Südliche Tauriden
Aktivitätsperiode: 20. September bis 20. November
Maximum: ~5. November
Populationsindex: 2,3
ZHR: 5-10

Nördliche Tauriden
Aktivitätsperiode: 20. Oktober bis 10. Dezember
Maximum: ~12. November
Populationsindex: 2,3
ZHR: 5

 

Glossar:

Aktivitätsperiode: bezeichnet den Zeitraum, in dem der Strom in Erscheinung tritt.
Maximum: nennt den Zeitpunkt maximaler Aktivität.
Populationsindex (r): dieser Wert wird aus der beobachteten Helligkeitsverteilung der Meteore ermittelt und gibt den theoretischen Anstieg der Meteorzahlen von einer bestimmten Helligkeitsklasse zur nächst folgenden Klasse an. Er charakterisiert somit die Massenverteilung innerhalb eines Stroms (je größer der Wert, desto höher der Anteil schwächerer Meteore). Meist liegen die errechneten Werte zwischen r = 2,0 und 3,5; lediglich während der Meteorstrommaxima sinken diese in der Regel etwas ab (z. B. Perseiden: r = 1,8 bis 2,0).
ZHR (zenithal hourly rate = stündliche zenitale Rate): gibt jene Meteorzahl an, die ein einzelner Beobachter bei optimalen Bedingungen (Radiant im Zenit, freisichtige Grenzgröße +6,5 mag, keine Einschränkung des Gesichtsfeldes, effektive Beobachtungszeit 1 Stunde) gesehen hätte. Es handelt sich somit um eine fiktive Größe, welche unterschiedliche Beobachtungen vergleichbar macht, auf Grund der Geometrie jedoch nur in wenigen Fällen (z. B. Geminiden) tatsächlich erreicht werden kann.

Hinsichtlich näherer Angaben wird auf die Website der International Meteor Organization (IMO) (http://www.imo.net) verwiesen. Diese bietet eine Fülle weiterer Informationen, unter anderem zur Beobachtung von Meteorströmen sowie in Hinblick auf spezielle Ereignisse.

© Österreichischer Astronomischer Verein   |   powered by Schultz IT Solutions