
Keiner der jährlich wiederkehrenden Ströme hat mehr Meteore in einer einzelnen Nacht zu bieten als jener der Geminiden. Damit zählen sie gegenwärtig zu den eindrucksvollsten und zugleich verlässlichsten Erscheinungen des Meteorjahres.
Würden die Geminiden in einer wärmeren Jahreszeit am Himmel erscheinen, so kämen sie in ihrer Bekanntheit den Perseiden gleich. Leider wird dies häufig durch ungünstige Witterung sowie ihre, gemessen an den Perseiden, kürzere Sichtbarkeit erschwert. Nichtsdestotrotz kann man in jenen Jahren, in denen sie nicht von Mond und Wolken gestört werden, mit einem be-eindruckenden Schauer und hellen Meteoren rechnen. Gegenwärtig findet das etwa 10-12 Stunden dauernde, plateauartige Maximum mit mehreren Spitzen am 13. oder 14. Dezember statt, wobei die ZHR im Schnitt deutlich mehr als 100 erreicht. Auf Grund ihrer relativ niedri-gen Eintrittsgeschwindigkeit (35 km/s) wirken die Geminiden eher langsam.
Die Geminiden sind in vielerlei Hinsicht bemerkenswert. Zunächst einmal gehören sie zu den wenigen Strömen, deren Radiant praktisch die gesamte Nacht über sichtbar ist. Er liegt im nördlichen Teil der Zwillinge, nahe Castor, und erreicht von den späten Abendstunden an bis zum Morgen große Höhen über dem Horizont. Weiters besitzen die Geminiden, verglichen mit anderen Strömen, deutlich dichter gepackte Teilchen. Dies äußert sich darin, dass nur ein klei-ner Prozentsatz ihrer Meteore Spuren hinterlässt.
Lange Zeit wurde darüber gerätselt, welches Objekt für ihre Entstehung verantwortlich ist, zeigen doch die Bahnen der Geminiden eine extrem kleine Periheldistanz (q = 0,14 AE), hohe Exzentrizität (e = 0,89) sowie mit 1,4 Jahren eine sehr kurze Umlaufszeit. Handelte es sich um einen Kometen, so wäre er auf einer derart sonnennahen Bahn wohl längst zerfallen. Wie Be-rechnungen gezeigt haben, erreichen die Teilchen in Sonnennähe eine Temperatur von 700 Kelvin. Im Jahr 1983 wurde ein Asteroid gefunden, dessen Bahn den Geminiden überra-schend ähnelt: (3200) Phaethon. Bis heute ist nicht klar, ob es sich bei diesem Kleinkörper vom Apollo-Typ (Durchmesser ca. 5 km) um einen Asteroiden oder inaktiven Kometen bzw. ein Bruchstück eines dieser Himmelskörper handelt. Von Zeit zu Zeit kommt (3200) Phaethon der Erde recht nahe (wie in den Jahren 2131 und 2287), die Gefahr einer Kollision besteht jedoch nicht.
Allerdings dürften die Geminiden-Teilchen gerade durch die Begegnung mit einem Planeten in ihrer Bahn verändert worden sein, finden sich doch vor 1830 (gesichert ab 1862) keinerlei Hinweise auf diesen Strom. Modellrechnungen ergaben, dass die Geminiden vor ca. 200 Jah-ren erstmals die Erde trafen. Nach weiteren ca. 200 Jahren wird sich der Strom allmählich wieder aus dem Kreuzungsbereich mit ihr entfernen. So gesehen dürften wir derzeit Gebiete mit der höchsten Teilchendichte durchqueren. Das Aktivitätsprofil der Geminiden erscheint deutlich asymmetrisch, einem flachen Anstieg folgt ein steiler Abfall. Noch vor gut 50 Jahren war dies umgekehrt. Darüber hinaus lässt sich bei den Geminiden seit Beginn der Beobach-tungen ein Sortiereffekt erkennen. Kleine Teilchen erreichen ihr Maximum deutlich früher als große. Anhand der Ausbreitung der Meteoroide im Raum wurde das Alter der Geminiden früher mit mehreren Tausend Jahren abgeschätzt. Nimmt man das Auseinanderbrechen eines Kometen als Ursache für die Entstehung des Stroms an, so dürften die Geminiden nicht mehr als 600-1000 Jahre alt sein.
Der Radiant der Geminiden
2025 kommt das voraussichtliche Maximum in die ersten Tagstunden des 14. Dezember zu liegen. Aus diesem Grund wird die Zeit zwischen Mitternacht und Morgen (der Radiant er-reicht um etwa 2h Ortszeit seine größte Höhe über dem Horizont) die meisten Erscheinungen liefern. Aber auch in der Nacht zuvor (12./13. Dezember) lassen sich schon beeindruckende Raten (ZHR 50-100) beobachten. Der kurz nach dem Letzten Viertel stehende Mond stört in beiden Fällen nicht allzu stark.
| Aktivitätsperiode | 4. bis 17. Dezember |
| Maximum | 14. Dezember, 8 Uhr UT |
| Populationsindex | 2,6 |
| ZHR | 100-150 |
Aktivitätsperiode: bezeichnet den Zeitraum, in dem der Strom in Erscheinung tritt.
Maximum: nennt den Zeitpunkt maximaler Aktivität.
Populationsindex (r): dieser Wert wird aus der beobachteten Helligkeitsverteilung der Meteore ermittelt und gibt den theoretischen Anstieg der Meteorzahlen von einer bestimmten Hellig-keitsklasse zur nächst folgenden Klasse an. Er charakterisiert somit die Massenverteilung in-nerhalb eines Stroms (je größer der Wert, desto höher der Anteil schwächerer Meteore). Meist liegen die errechneten Werte zwischen r = 2,0 und 3,5; lediglich während der Meteorstrom-maxima sinken diese in der Regel etwas ab (z. B. Perseiden: r = 1,8 bis 2,0). Bei den Gemini-den hingegen wird der niedrigste r-Wert erst einige Stunden nach dem Maximum erreicht.
ZHR (zenithal hourly rate = stündliche zenitale Rate): gibt jene Meteorzahl an, die ein einzelner Beobachter bei optimalen Bedingungen (Radiant im Zenit, freisichtige Grenzgröße +6,5mag, keine Einschränkung des Gesichtsfeldes, effektive Beobachtungszeit 1 Stunde) gesehen hätte. Es handelt sich somit um eine fiktive Größe, welche unterschiedliche Beobachtungen ver-gleichbar macht, auf Grund der Geometrie jedoch nur in wenigen Fällen (z. B. Geminiden) tatsächlich erreicht werden kann.
Hinsichtlich näherer Angaben wird auf die Website der International Meteor Organization (IMO, http://www.imo.net) verwiesen. Diese bietet eine Fülle weiterer Informationen, unter anderem zur Beobachtung von Meteorströmen sowie in Hinblick auf spezielle Ereignisse.