Wenn im März die lange, schöne Abendsichtbarkeit unseres inneren Nachbarplaneten Venus zu Ende geht, bietet sich uns für etwa vier Tage ein seltenes Schauspiel am Himmel: Eine Doppelsichtbarkeit der Venus. In dieser Zeit ist Venus gleichzeitig Abend- und Morgenstern!

Venus am Abend und Morgen des 20. März
Venus in der Morgen- (links) und Abenddämmerung (rechts) am 20. März 2025. Simulation mit Stellarium, www.stellarium.org

In unseren Breiten kann diese Doppelsichtbarkeit zwischen 18. und 21. März beobachtet werden.

Die aktuelle Sichtbarkeit der Venus

Seit September 2024 konnten wir Venus am Abendhimmel, also volkstümlich und astronomisch nicht korrekt als "Abendstern", sehen. Zunächst eher unauffällig, wurde diese Abendsichtbarkeit im Dezember auffällig, um im Jänner und Februar ihren Höhepunkt zu erreichen.

Venus Abendsichtbarkeit 2024-2025
Position von Venus jeweils zu Ende der bürgerlichen Abenddämmerung für Wien. Simularion mit Stellarium, www.stellarium.org

Mitte März endet diese Abendsichtbarkeit rasch, um in eine Morgensichtbarkeit ("Morgenstern") überzugehen:

Venus Morgensichtbarkeit 2025
Position der Venus jeweils zu Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung für Wien. Simularion mit Stellarium, www.stellarium.org

Diese Morgensichtbarkeit entwickelt sich über das Frühjahr und den Sommer sehr gut, um im Verlauf des Herbstes 2025 allmählich zu enden.

Um die untere Konjunktion

Der Wechsel von der Abend- zur Morgensichtbarkeit erfolgt um die untere Konjunktion der Venus, bei der Venus innerhalb der Erdbahn an der Sonne vorbeizieht. Dabei steht sie auch der Erde am nächsten. Normalerweise ist Venus in dieser Phase unbeobachtbar. Nicht aber 2025.

Venus in Unterer Konjunktion 2025
Venus in unterer Konjunktion am 23. März 2025. Simulation mit Stellarium, www.stellarium.org

Im heurigen Jahr zieht Venus in der unteren Konjunktion sehr weit nördlich an der Sonne vorbei. Sie steht fast 9° nördlich der Sonne. Dies reicht in unseren Breiten aus, dass Venus auch in dieser Phase vor Sonnenauf- oder nach Sonnenuntergang zu sehen ist. Genau genommen sind es vier Tage im Zeitraum vor der unteren Konjunktion, 18. bis 21. März, an denen sich die Doppelsichtbarkeit ausgeht.

Venus am Abend, 13. bis 21. März 2025
Das Ende der Abendsichtbarkeit der Venus (Position jeweils am Ende der bürgerlichen Abenddämmerung für Wien)

Venus am Morgen, 18. bis 31. März 2025
Der Beginn der Morgensichtbarkeit der Venus (Position jeweils am Beginn der bürgerlichen Morgendämmerung für Wien)

An den vier Tagen von 18. bis 21. März 2025 steht Venus weit genug nördlich der Sonne, um mit freiem Auge in der Abend- und der Morgendämmerung gesehen werden zu können. Voraussetzung ist - neben sehr klarem Wetter - ein freier Blick zu einen ebenen Ost- bzw. Westhorizont.

Hintergrund: Die Bahnen von Venus und Erde

Venusbahn
Die Bahnen von Venus und Erde um die Sonne, maßstabsgetreu

Von allen Bahnen der großen Planeten um die Sonne ist jene der Venus am kreisförmigsten. Ihre Entfernung von der Sonne schwankt zwischen 107,5 und 108,2 Millionen Kilometer. Die Entfernung der Venus von der Erde schwankt zwischen ca. 259 Mio. km um die obere Konjunktion und ca. 40 Mio. km um die untere Konjunktion. Die Bahn der Venus ist zu jener dert Erde um 3,4° geneigt. 

Venusbahn, Neigung
Die Bahnen von Venus und Erde um die Sonne, maßstabsgetreu

Aus der Neigung der Venusbahn von 3,4° und einer minimalen Entfernung von der Erde von ca. 40 Mio. km ergibt sich, dass Venus um die untere Konjunktion sehr weit von der Ekliptik nach Norden oder Süden abweichen kann, nämlich fast 9°. Bei der heurigen unteren Konjunktion ist dies der Fall.

Synodische Periode und Ishtar-Periode

Aus den Umlaufzeiten von Venus und Erde ergibt sich, dass sich die unteren Konjunktion (und alle anderen Phasen ihrer Sichtbarkeit) alle 584 Tage wiederholen (synodische Periode). Dies bedeutet, dass die unteren Konjunktionen der Venus nicht immer am gleichen Datum stattfinden und auch nicht an der gleichen Stelle des Himmels. In einer synodischen Periode ist Venus zur Hälfte am Abend-, zur anderen Hälfte am Morgenhimmel zu sehen, abgesehen von einer mitunter kurzen Periode um die untere und einer möglicherweise längeren Periode um die obere Konjunktion, in der sie gänzlich unbeobachtbar ist.

Die Umlaufzeit der Venus um die Sonne beträgt 224,7 Tage. Dies führt uns auf eine Besonderheit: Die Umlaufzeiten von Venus und Erde um die Sonne stehen in Resonanz, also zueinander in einem ganzzahligem Verhältnis: 13 Umläufe der Venus um die Sonne entspreichen acht Umläufen der Erde (tropische Jahre). Dieses Verhältnis, verbunden mit der annhähernd kreisförmigen Venusbahn, führt zu einem wichtigen Verhalten: Nach acht Jahren (und genau genommen eineinhalb Tagen weniger) wiederholen sich die Stellungen von Sonne, Venus und Erde zu einander exakt wieder. Diese Periode war schon den Babyloniern bekannt und wurde daher, da Venus damals die Göttin Ishtar repräsentierte, Ishtar-Periode genannt.

Eine Ishtar-Periode entspricht ziemlch genau fünf synodischen Perioden. In acht Jahren ist Venus also abwechselnd je fünfmal Abend- und je fünfmal Morgengestirn.

Nachdem sich die Stellungen der Venus nach acht Jahren fast auf den Tag genau wiederholen, ergeben sich fünf Orte und Termine für die unteren Konjunktionen:

Ishtar-Periode
Die fünf möglichen Orte für untere Konjunktionen der Venus

  • am Ort ① findet die untere Konjunktion Anfang Juni statt. Der Ort liegt nahe dem absteigenden Knoten der Venusbahn, hier ist keine Doppelsichtbarkeit möglich. Es war der Ort der Venus bei den beiden Transits vor der Sonne in den Jahren 2004 und 2012.
  • am Ort ② findet die untere Konjunktion Anfang Jänner statt. Hier ist keine Doppelsichtbarkeit möglich.
  • am Ort ③ findet die untere Konjunktion Mitte August statt. Hier ist eine Doppelsichtbarkeit für südliche geografische Breiten möglich.
  • am Ort ④ findet die untere Konjunktion Mitte März statt. Hier ist eine Doppelsichtbarkeit für nördliche geografische Breiten möglich.
  • am Ort ⑤ findet die untere Konjunktion Ende Oktober statt. Hier ist eine Doppelsichtbarkeit für südliche geografische Breiten möglich.

Die Termine gelten für die Gegenwart und verschieben sich allmählich aufgrund der Knotendrehung der Venusbahn.

Die Doppelsichtbarkeit der Venus im März war bei uns auch in den Jahren 2005 und 2013 gut beobachtbar, ebenso wie sie es in den Jahren 2033 und 2041 sein wird. Es bietet sich auch die Gelegenheit, Venus in unterer Konjunktion im Fernrohr zu beobachten, bei aller gebotenen Vorsicht aufgrund der Nähe zur Sonne. Es zeigt sich uns ein hauchdünner, beinahe geschlossener Ring mit einem scheinbaren Durchmesser von einer Bogenminute, das in der Atmosphäre der Venus gestreute Sonnenlicht. (AP)

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